Bürgermeister Dr. Lukas Braun begrüßte die Gäste in doppelter Eigenschaft, als Hausherr und Vizepräsident des DRK-Kreisverbands. Er unterstrich in seiner Ansprache die zentrale Fragestellung der Ausstellung: „Wie wollen wir zusammenleben?“. Braun betonte, dass die grundlegenden Fragen, die sich junge Menschen stellten – wie finde ich meinen Weg, wer möchte ich einmal sein? – für alle gleich seien. Er hob jedoch einen entscheidenden Unterschied für Jugendliche mit Migrationserfahrung hervor: „Ein wichtiges Netzwerk, das einem weiterhelfen kann, kann man nicht in einen Koffer packen und eben mal mit nach Deutschland bringen.“ Hier, so der Bürgermeister, setzten die Jugendmigrationsdienste an, indem sie Orientierung verschaffen und vernetzen. Er mahnte, dass Integration immer zwei Seiten habe und der Gedanke der reinen Anpassung zu kurz greife: „Wir als aufnehmende Gesellschaft müssen Zuwandernde auch abholen und ihnen zeigen, wie die Dinge bei uns laufen.“
Besonders für junge Menschen sei die Neuorientierung in einem fremden Land eine enorme Herausforderung. „Wenn man dann permanent noch als Fremder oder Außensteher wahrgenommen wird, dann hat man eben das Gefühl, doppelt so viel leisten zu müssen wie Einheimische,“ so Braun. Die Ausstellung lade dazu ein, die Perspektive zu wechseln und Vorurteile zu hinterfragen. Er schloss mit dem Wunsch: „Lassen Sie uns gemeinsam neugierig bleiben, offen aufeinander zugehen und die Zukunft so gestalten, dass junge Menschen mit und ohne Migrationserfahrung sagen können: Ja, hier will ich ankommen, hier will ich zu Hause sein.“
Joana Rieger und Bibiane Haag, die lokalen Organisatorinnen der Ausstellung und tätig im Bundesprogramm „JMD Respekt Coaches“, gaben Einblicke in die Arbeit der Jugendmigrationsdienste. Joana Rieger betonte, dass die JMD bundesweit ca. 300.000 junge Menschen unterstützten und in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feierten – auch in Tauberbischofsheim. Bibiane Haag stellte das Ausstellungskonzept vor, das aus sieben interaktiven, multimedialen Stationen besteht und in die drei Themenschwerpunkte „Migration verstehen“, „Menschen begegnen“ und „Zusammenleben gestalten“ gegliedert ist. „Die Ausstellung ist nicht belehrend, sie ist dialogisch erfahrbar und lebendig,“ erklärte Haag. Das Ziel sei es, „eigene Vorurteile zu hinterfragen, unterschiedliche Perspektiven kennenzulernen und sich mit den vielfältigen Lebensrealitäten junger Menschen in Deutschland auseinanderzusetzen.“
Ein besonderes Highlight der Lauda-Königshofener Umsetzung sind die Peer Guides: Schülerinnen der Kooperationsschulen – Gemeinschaftsschule Lauda, Josef-Schmidt-Realschule, Martin-Schleyer-Gymnasium – wurden ausgebildet, um ihre Mitschüler „auf Augenhöhe“ durch die Schau zu führen. Die Peer Guide Aurelia Hahn berichtete persönlich von der Ausbildung: „Mir wurde beigebracht, dass das Thema Heimat für jeden ganz unterschiedlich ist.“ Sie habe gelernt, das Miteinander zu genießen und wertzuschätzen, und betonte, wie die Ausbildung ihr geholfen habe, „einmal aus mir herauszukommen.“
Landrat Christoph Schauder, der die Schirmherrschaft übernommen hatte, dankte dem DRK für seine Arbeit und hob die Bedeutung des Themas hervor. Jugendmigration sei eines der zentralen Themen der heutigen Zeit. Er würdigte das umfassende ehrenamtliche Engagement im Main-Tauber-Kreis, insbesondere seit 2015: „Ohne das Ehrenamt hätten wir das, was in den vergangenen zehn Jahren uns vorgegeben wurde, hier vor Ort so nicht geleistet.“ Er bekräftigte, dass Integration ein langfristiger Prozess sei und man sich nicht von den Taten ideologisch Verblendeter irritieren lassen dürfe. Er rief alle Anwesenden dazu auf, als Multiplikatoren zu fungieren und das DRK in seiner Arbeit zu unterstützen.
Shekho Said, Mitglied des Ausländer- und Integrationsbeirates der Stadt Würzburg, lieferte einen inhaltlichen Impuls zum Thema „Leben und Teilhabe in Deutschland“. Er definierte Teilhabe nicht nur über die Grundlagen des Alltags (Wohnen, Bildung, Arbeit), sondern als das Recht, „mitreden, mitgestalten, sichtbar werden“. Said kritisierte die Unterrepräsentation von Menschen mit Migrationsgeschichte in Politik und Medien sowie die fehlende politische Mitbestimmung für viele Nicht-EU-Bürger auf kommunaler Ebene. „Echte Sichtbarkeit heißt, dass nicht nur über sondern mit Migrantinnen und Migranten geredet wird.“ Er forderte dazu auf, „trennende Sprache vom Wir und Ihr zu überwinden“ und Mehrsprachigkeit als Ressource zu begreifen.
Die stellvertretende DRK-Geschäftsführerin Katharina Beuchert dankte abschließend allen Beteiligten, insbesondere den Musikern Laurin Trefs und Edgar Tempel für die musikalische Umrahmung. Sie lud die Gäste ein, die Ausstellung zu erkunden, denn „YOUNIWORTH ist kein abgeschlossenes Projekt, sondern ein Raum für Austausch, Begegnungen und gemeinsame Verantwortung.“
Die Ausstellung YOUNIWORTH ist für die Öffentlichkeit zugänglich und bietet Schulen, Vereinen und interessierten Bürgern eine wichtige Plattform für den Dialog über Migration und Integration. Die Mitmach-Schau bindet das Publikum aktiv ein. So sind die Besucher dazu aufgefordert, an verschiedenen Stationen selbst kreativ zu werden. Die interaktiven Elemente sollen den Dialog fördern und Berührungsängste abbauen, indem sie verdeutlichen, dass Migration ein vielschichtiges Thema ist, das uns alle auf die eine oder andere Weise betrifft.
Schulklassen werden in den kommenden Tagen von den 15 ausgebildeten Peer Guides durch die Ausstellung geführt. Für die Öffentlichkeit ist die Schau am 23. Oktober 2025 von 16.00 bis 20.00 Uhr im Laudaer Rathaussaal geöffnet. Ab 18:30 Uhr findet eine Podiumsdiskussion zum Thema „Gemeinsam Heimat gestalten“ statt.
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